5 Fragebogenrunden ‒ 137 Fragen ‒ sehr viele Karten
Hier finden Sie als Zwischenstand alle bisher erstellten Karten des entstehenden Atlasses zum regionalen Satzbau im Deutschen.
Zu den Umfragen selbst: https://survey.online.uni-marburg.de/rede/
Zitation:
Kasper, Simon/Pheiff, Jeffrey/Kammers, Heiko (2024ff.): Digitaler (morpho-)syntaktischer Atlas der deutschen Regionalsprachen (Work in Progress). Konzipiert von Simon Kasper und Jeffrey Pheiff. Bearbeitet von Simon Kasper, Heiko Kammers und Jeffrey Pheiff. Studentische Hilfskräfte: Lisa Semler, Lea Platt. In: Schmidt, Jürgen Erich/Herrgen, Joachim/Kehrein, Roland/Lameli, Alfred (Hrsg.) (2020ff): Regionalsprache.de (REDE III). Forschungsplattform zu den modernen Regionalsprachen des Deutschen. Bearbeitet von Robert Engsterhold, Hanna Fischer, Marina Frank, Heiko Girnth, Simon Kasper, Juliane Limper, Salome Lipfert, Georg Oberdorfer, Tillmann Pistor, Anna Wolańska. Unter Mitarbeit von Dennis Beitel, Lisa Dücker, Lea Fischbach, Milena Gropp, Heiko Kammers, Maria Luisa Krapp, Vanessa Lang, Salome Lipfert, Jeffrey Pheiff, Bernd Vielsmeier. Studentische Hilfskräfte. Marburg: Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas.
Eine kleine Einführung
#Einleitung: Was und wie erheben wir?
#Komplexität der modernen Sprachsituation: Sprechweisen
#Unsere Erhebung
#Einige vorläufige Ergebnisse
#Thomas ist größer als sein Bruder (Vergleichspartikel)
#Sie hat's ihr gestern erzählt (Objektpronomenabfolge)
#Er hat's ihm schon geschickt (Objektpronomenabfolge)
#Damals wohnten wir in der Bahnhofstraße (Tempus)
#Was passiert mit dem Mann? (Rezipientenpassiv)
#Was machen die Mutter und ihre Kinder auf dem Bild gerade? (Progressiv)
#Sie mäht gerade die Wiese (Progressiv)
#Was macht das Kind auf dem Bild? (Progressiv)
#Mich würde ja mal interessieren (analytischer Konjunktiv Präteritum)
#Das Geld, *das* ich verdiene, gehört mir
#Das Geld, das ich verdiene, *gehört mir*
Einleitung: Was und wie erheben wir?
Mit unseren Fragebogenerhebungen möchten wir herausfinden, wie sich der Satzbau im Deutschen zwischen Regionen und zwischen verschiedenen Sprechweisen unterscheidet. Dazu sind wir auf Ihre Beteiligung angewiesen. Helfen Sie uns herauszufinden, wo Deutsch wie gesprochen wird: Hier geht es zu unseren Umfragen:
Dass Menschen, die aus verschiedenen Regionen stammen, mindestens in manchen Situationen unterschiedlich sprechen, ist keine Neuigkeit. Die alten Dialekte haben sich lautlich bekanntlich von Ort zu Ort unterschieden. Das Wort (ich) habe heißt im Bairischen meistens hob, im Niederdeutschen hebbe, hewwe, heff und Ähnliches, und im Mitteldeutschen finden wir auf engstem Raum beispielsweise ho, hon und hu (s. Karte). Auch Unterschiede in Bezeichnungen können die meisten Menschen nennen: Der Metzger heißt so vor allem in der Schweiz, im westlichen Österreich sowie im mittleren Westen und im Süden Deutschlands. Im östlichen Österreich heißt er Fleischhauer oder Fleischhacker, in Ostdeutschland heißt er Fleischer und im Nordwesten Schlachter. Unterschiede im Lautlichen und im Wortschatz sind häufig und auffällig in der Wahrnehmung.
Weniger auffällig und weniger häufig sind Unterschiede im Satzbau, deshalb sind sie vielen Menschen gar nicht so bewusst. Unterschiede im Satzbau zeigen sich auch nicht so kleinräumig wie die lautlichen dialektalen Unterschiede, die sich selbst zwischen benachbarten Dörfern zeigen. Satzbauunterschiede zeigen sich dagegen meistens erst auf größerem Raum. Gleichzeitig sind sie auch oft nicht in gleicher Weise "kategorisch" wie lautliche Unterschiede. Die lautliche Qualität eines dialektalen Lautes in einem Wort ist eine bestimmte und keine andere. Im Odenwald heißt es brout 'Brot' und dout 'tot' und nicht broot oder duut. Abweichungen werden als Fehler wahrgenommen. Bei Erscheinungen des Satzbaus gibt es hingegen öfter verschiedene Möglichkeiten, bestimmte Sachverhalte auszudrücken, und Regionen zeichnen sich eher dadurch aus, dass sie bestimmte dieser Varianten gegenüber anderen bevorzugen, manche solcher anderen aber ebenfalls möglich sind, wohingegen wieder andere gar nicht verwendet werden können.
Die moderne Sprachsituation ist komplex. Die historische Sprachsituation war so beschaffen, dass die regionale Variation bis "hinunter" auf einzelne Orte von Variation geprägt war. So gut wie jeder Ort hatte seinen eigenen Dialekt mit systematischen lautlichen Eigenheiten. Mit dem Aufkommen des Radios und der zunehmenden Mobilität der Sprecher/innen hat sich eine überregionale Standardsprache (umgangssprachlich "Hochdeutsch") herausgebildet, die hohes Prestige hatte und an der man sich in bestimmten, meist öffentlichen Situationen orientieren konnte. In anderen Situationen wurde Dialekt gesprochen. Vor allem die hohe Mobilität hat dazu geführt, dass Menschen mit verschiedenen Dialekten in nicht ganz so förmlichen Situationen miteinander interagierten, beispielsweise in der Schule, auf dem Markt und in der Fabrik. Dort bildeten sich dann Sprechweisen aus, die sich regional zwar noch untereinander unterschieden, aber nicht mehr so kleinräumig wie die Ortsdialekte. Solche Sprechweisen kann man "Regiolekt" oder "regional gefärbte Alltagssprache" nennen. Sie unterscheiden sich auch von der Standardsprache und rangieren sozusagen, was ihre kommunikative Reichweite betrifft, "zwischen" Dialekt und Standardsprache. Die alten Ortsdialekte sind in manchen Regionen, insbesondere im Norden und im Osten Deutschlands, weitgehend verschwunden. Während die meisten Menschen in den meisten Situationen im Norden sehr "standardnah" sprechen, hat sich im Osten eine regional gefärbte Alltagssprache entwickelt, die die meisten Kommunikationssituationen dominiert. Im Westen und im Süden des deutschen Sprachgebiets wird vielenorts noch Dialekt gesprochen, doch die Situationen, in denen dies geschieht, sind im Vergleich zu früheren Jahrhunderten weniger geworden. In anderen Situationen werden eher regionale Sprechweisen verwendet und in bestimmten Situationen wird auch "Hochdeutsch" angepeilt. Wir haben es also mit einer komplexen Gemengelage aus verschiedenen Sprechweisen zu tun, die je nach Region mehr oder weniger ausgeprägt sind. Viele Sprecher/innen beherrschen Dialekt, regional gefärbte Alltagssprache und "Hochdeutsch" und verwenden Sie so, wie die Situationen es erfordern (oder erlauben).
Unsere Erhebung
Der zuletzt beschriebenen komplexen Gemengelage versuchen wir mit unserer Erhebung gerecht zu werden. Zu Beginn unserer Fragebögen werden Sie gebeten, einige (anonyme) Angaben zu sich selbst und Ihrer Biografie zu machen. Anschließend kommen Sie zu unseren Fragen zum Satzbau. Auf diese Weise können wir für viele Menschen auf einmal untersuchen, ob und wie ihre Sprechweise beim Satzbau mit Ihrer Herkunft und mit anderen biografischen Merkmalen zusammenhängt. Genau das ist unsere Forschungsfrage.
Die untenstehenden Karten sollen Ihnen einen Einblick gewähren, wie verschiedene Sprechweisen sich bei verschiedenen Satzbauerscheinungen im geographischen Raum anordnen. Dazu haben wir zunächst Ihre Antworten auf die Fragebogenfrage genommen:
Wir haben aus Ihren Antworten die Postleitzahlen genommen oder sie auf Basis der Ortsnamen ermittelt, anschließend von den geographischen Postleitzahlenbereichen jeweils die geographischen Mittelpunkte errechnet und diese dann Planrechtecken zugeordnet, die wir über den deutschsprachigen Raum gelegt haben. So kommen die Gitternetzbilder in den Karten zustande. Zu jeder Aufgabe haben wir drei Karten erstellt. Sie unterscheiden sich darin, was Sie auf die Frage geantwortet haben:
In der Sprechweise, die Sie hier gewählt haben, sollten sie dann auch die Fragen zum Satzbau beantworten. (Zu einem späteren Zeitpunkt werden auch Antworten außerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz kartographiert werden.)
Thomas ist größer als sein Bruder
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Sie hat's ihr/ihr's gestern erzählt
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Er hat's ihm/ihm's schon geschickt
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Damals wohnten wir in der Bahnhofstraße
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Was machen die Mutter und ihre Kinder auf dem Bild gerade?
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Sie mäht gerade die Wiese
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Mich würde ja mal interessieren...
Antworten der Gruppe Dialekt:
Antworten der Gruppe Regional geprägte Alltagssprache:
Antworten der Gruppe Hochdeutsch:
Sie sehen: Es gibt durchaus regionale Variation im deutschen Satzbau und solche zwischen den verschiedenen Sprechweisen Dialekt, regional gefärbte Alltagssprache und "Hochdeutsch". Was Sie aber sicher auch gesehen haben, ist, dass es noch viele weiße Flecken auf unseren Karten gibt, insbesondere für die Dialekte. Wenn Sie also noch nicht bei unserer Umfrage mitgemacht haben, dann möchten wir Sie ermuntern, es zu tun! Und wenn Sie Menschen kennen, die Spaß daran hätten, uns zu zeigen, wie man da spricht, wo sie herstammen, dann leiten Sie unsere Umfrage doch gern an sie weiter! Hier ist nochmal der Link zu den Umfragerunden:
Wissenschaftliche Publikationen zum regionalen Satzbau finden Sie auf der REDE-Seite unter dem Reiter "Publikationen". Einen populärwissenschaftlichen Beitrag finden Sie bei den "Sprachspuren".
Für alle Kartenbilder gilt die Creative Commons-Lizenz CC-BY-NC-SA (CC International 4.0). Sie dürfen die Kartenbilder so, wie sie sind, unter Nennung unseres Projekts und zu nicht kommerziellen Zwecken gern verwenden.